Endlich Antwort aus Berlin

Die Überraschung war groß, als ich vor einigen Tagen unseren Briefkasten öffnete.

Ein Brief vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales lag darin.

Mit der lange ersehnten Antwort auf unseren Offenen Brief!

Auf dem Bild sieht man den oberen Teil eines grauen Briefkastens. In der Klappe des Briefkastens steckt eine zusammengerollte Zeitung.

Ich bin ehrlich: Ich selbst hatte eine Antwort längst abgeschrieben.

Immerhin ist es fast ein halbes Jahr her, dass wir unseren Offenen Brief in Berlin übergeben haben. Und zwar an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und an das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Doch nun ist die Antwort darauf endlich da. Und das ist gut so.

Zwar steht in der Antwort nicht:

Die Bundesregierung plant, bis 2030 alle Förderschulen in Deutschland abzuschaffen.

So etwas zu erwarten, wäre auch nicht realistisch gewesen.

Aber die Antwort zeigt:

Beide Bundesministerien haben sich bewegt!

Auf dem Bild sieht man den dreiseitigen Antwortbrief der Ministerien. Darunter ist eingefügt: "#InklusiveBildungJetzt". Rechts oben ist ein Foto vom Bundeskanzleramt eingefügt.

Beide Bundesministerien haben unser Anliegen und damit das Menschenrecht auf inklusive Bildung doch noch ernst genommen und nicht mehr länger ignoriert.

Beide Bundesministerien haben miteinander gesprochen und tatsächlich gemeinsam geantwortet.

Beide Bundesministerien geben zu, dass Deutschland auch 15 Jahre nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention immer noch „vor wesentlichen Herausforderungen auf dem Weg in ein durchweg inklusives Bildungssystem “ steht.

Beide Bundesministerien scheinen die Abschließenden Bemerkungen aus Genf ernst zu nehmen.

Und: Es heißt nicht mehr länger „Bildung ist ausschließlich Ländersache“.

So wie noch vor wenigen Monaten.

Stattdessen erklären die Vertreterinnen beider Bundesministerien:

„Die Bundesregierung unterstützt die Länder nach Kräften bei der Umsetzung der inklusiven Bildung.“

Auf einem kargen Boden wachsen einige wenige Kamille-Blumen.

Fachlich zuständig für Inklusive Bildung ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Konkret unternommen hat dieses Ministerium bislang kaum etwas, um die Umsetzung von inklusiver Bildung in Deutschland voranzutreiben.

In der Antwort aus Berlin wird darauf hingewiesen, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung gezielte Forschungsförderung betreibe im Bereich der inklusiven Bildung.

Doch Forschungsförderung alleine reicht nicht aus, um inklusive Bildung endlich umzusetzen.

Der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat in seinen abschließenden Bemerkungen konkrete nächste Schritte vorgeschlagen.

Die Antwort aus Berlin weist auf den demnächst beginnenden Follow-up Prozess hin.

Im Follow-up Prozess wird die Umsetzung der UN-Empfehlungen genau überprüft.

Und zwar unter enger Beteiligung der Verbände von Menschen mit Behinderungen und der Zivilgesellschaft.

Und das sind auch wir!

Hier werden wir als Eltern weiter ansetzen und euch auf dem laufenden halten.

Versprochen!

Vier Menschen stehen in einem Kreis zusammen. Das Bild zeigt den Blick auf  ihre Beine und Füße. Alle tragen dunkle lange Hosen und Turnschuhe in unterschiedlichen Farben.

Wir Eltern von #WirWarenInGenf werden dran bleiben und nicht locker lassen.

Die gesamte Antwort aus Berlin:

Seite 1 der Antwort von BMAS und BMBF
Seite 2 der Antwort von BMAS und BMBF
Seite 3 der Antwort von BMAS und BMBF

Kein Grund zu feiern: 15 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention, 15 Jahre Recht auf inklusive Bildung

Am 26. März 2009 hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet.

15 Jahre später ist unser Land immer noch meilenweit entfernt von einer erfolgreichen Umsetzung vieler der in der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschriebenen Menschenrechte.

Darum habe ich heute folgende Pressemitteilung zum Stand der inklusiven Bildung in Hamburg verschickt:

Blick auf ein Regal mit vielen unterschiedlichen Zeitungen

Pressemitteilung

22. März 2024

15 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention, 15 Jahre inklusive Bildung

In Hamburg immer noch kein Grund zum Feiern

Hamburgs Schulen sind noch weit davon entfernt, tatsächlich inklusiv zu sein

Was die Umsetzung von inklusiver Bildung angeht, gilt Hamburg im Vergleich zu anderen Bundesländern als sehr erfolgreich.

Trotzdem ist die Stadt auch 15 Jahre nach Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention immer noch weit entfernt von einem inklusiven Bildungssystem für alle.

  • Seit mehreren Jahren stagniert Hamburgs Exklusionsquote. Die Schulbehörde geht davon aus, dass sich hieran bis 2035 nichts ändern wird.
  • Die allermeisten Kinder und Jugendlichen, die in Hamburg inklusiv beschult werden, besuchen Grundschulen und Stadtteilschulen. An Gymnasien findet Inklusion nach wie vor kaum statt.
  • Immer noch gibt es in Hamburg ein gut ausgebautes schulisches Sondersystem. Bestehend aus 26 staatlichen Sonderschulen und 5 privaten Sonderschulen.
  • Mehr als die Hälfte aller Hamburger Schülerinnen und Schüler mit geistigen Behinderungen, körperlichen Behinderungen, Sinnesbeeinträchtigungen und komplexen Behinderungen besucht nach wie vor eine Sonderschule.
  • Entscheiden sich die Eltern dieser Kinder für eine inklusive Beschulung, stehen ihnen dafür nur sogenannte Schwerpunktschulen offen.
  • Nur 68 von 380 Hamburger Regelschulen sind Schwerpunktschulen. Nur wenige davon haben sich bislang intensiv damit beschäftigt, schuleigene Konzepte für eine inklusive Schule und eine individualisierte Unterrichtsgestaltung zu erarbeiten. Die Gefahr ist groß, dass die gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderungen zu einer neuen Sonderform wird in einem ansonsten weiterhin nicht inklusivem Regelsystem.
  • Der neue Hamburger Landesaktionsplan 2023 zeigt: Hamburg will weiterhin am sogenannten Elternwahlrecht und damit am schulischen Sondersystem festhalten. Anstelle eines inklusiven Umbaus des gesamten Bildungssystems plant die Stadt, ihr schulisches Sondersystem zu überarbeiten und zu „verbessern“.
Auf dem Bild sieht man die offizielle Flagge der Vereinten Nationen.

Erst im vergangenen Sommer ist Deutschland von der UNO zum zweiten Mal in einer Staatenprüfung heftig kritisiert worden:

Nach wie vor gebe es in Deutschland zu viele Sonderschulen und zu viele Probleme bei der inklusiven Beschulung von Kindern mit Behinderungen.

Der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung hat die Bundesregierung mit Nachdruck dazu aufgefordert, den inklusiven Umbau des gesamten Bildungssystems deutlich zu beschleunigen.

Vor allem die Bundesländer müssten endlich konkrete Aktionspläne erstellen, die tatsächlich mit den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention übereinstimmen.

Dies kommt einer beispiellosen Bloßstellung der Länder gleich.

Die Länder haben der UN-Behindertenrechtskonvention bereits am 19. Dezember 2008 einstimmig und verbindlich im Bundesrat zugestimmt. Trotzdem verzögern und verschleppen sie seitdem in ihrer Schulpolitik die notwendige inklusive Schulreform.

Eltern behinderter Kinder aus mehreren Bundesländern haben jüngst in einem Offenen Brief – unterstützt von mehr als 140 Organisationen – die Bundesregierung aufgefordert, Druck auf die säumigen Landesregierungen aufzubauen.

Erst vor wenigen Tagen hat der Europarat seinen Staatenbericht zur Menschenrechts-Lage in Deutschland veröffentlicht. Darin kritisiert er, dass ein selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen und die Inklusion in Deutschland nach wie vor durch ausgrenzende Strukturen wie Sonderschulen und Werkstätten für behinderte Menschen äußerst erschwert sind.

Sechs Frauen und ein Mann stehen hinter einem großen schwarz-rot-gelben Banner mit der Aufschrift: "Seit 14 Jahren gilt die UN-Behindertenrechtskonvention: Schämt Euch! Shame on you! Deutschland verweigert das Menschenrecht auf inklusive Bildung. Eltern fordern Inklusion. Jetzt endlich!" Im Hintergrund sieht man den Uno-Hauptsitz in Genf.
Gemeinsam mit Eltern aus ganz Deutschland habe ich bei der 2. deutschen Staatenprüfung 2023 vor der UN in Genf demonstriert. Gleich mehrere Mitglieder des Uno-Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen solidarisierten sich mit uns. Hier der Schweizer Markus Schefer, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Basel. (Copyright Inklusion-in-hamburg.de)

Immer mehr Eltern in Hamburg kehren der schulischen Inklusion den Rücken zu.

Zu wenig Ressourcen, zu wenig Förderung und zu wenig Verlässlichkeit, so heißt es von allen Seiten.

Gleichzeitig bemängeln erste Eltern an Sonderschulen, dass auch dort immer mehr
Sonderpädagogen und Fachkräfte fehlen.

Dies zeigt:

Ein dauerhaftes Vorhalten von Sondersystem und Regelsystem, wie es Hamburg langfristig plant, ist angesichts von Lehrermangel und knapper Kassen zum Scheitern verurteilt.

Außerdem verstößt es gegen die UN-Behindertenrechtskonvention.

Hamburgs Senat ist aufgefordert

  • sich klar zur UN-Behindertenrechtskonvention zu bekennen und sich mit Nachdruck und
    verbindlich für die vollständige Umsetzung von inklusiver Bildung einzusetzen.
  • das Ergebnis der Staatenprüfung ernst zu nehmen und einen wirksamen Aktionsplan für den Ausbau inklusiver Schulen vorzulegen.

Dieser Aktionsplan muss einen konkreten Zeitplan enthalten, bis wann der inklusive Umbau des gesamten Schulsystems abgeschlossen sein soll.

Er muss die notwendigen Maßnahmen für Schulentwicklung, Qualität und Personal enthalten und koordinieren.

Und er muss klare Verantwortlichkeiten für die Steuerung der inklusiven Entwicklung benennen sowie eine ausreichende Finanzierung hinterlegen.

Ein paar Füße in schweren roten Schuhen stampfen auf Asphalt.

Alle Bundesländer – und damit auch Hamburg – müssen endlich die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention erfüllen und den Übergang vom Sonderschulsystem in ein inklusives Regelschulsystem zeitnah und verbindlich umsetzen.

#15Jahre #KeinGrundZumFeiern #InklusiveBildungJetzt!

Übrigens:

Auch in vielen anderen Bundesländern gab es heute solche Presseerklärungen zum Stand der inklusiven Bildung!

#WirWarenInGenf

Was sagt der Hamburger Landesaktionsplan 2023 zum Thema Inklusion an Schulen?

Nach der letzten Staatenprüfung im August 2023 zeigte sich der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen äußerst besorgt über die unzureichende Umsetzung von inklusiver Bildung in Deutschland.

Ganz besonders kritisierte er die weite Verbreitung von Förderschulen und Förderklassen.

Und die vielen Probleme, auf die behinderte Kinder, Jugendliche und ihre Familien stoßen, wenn sie sich für eine inklusive Beschulung entscheiden.

Umso interessanter ist es, was der neue Hamburger Landesaktionsplan 2023 zum Thema Inklusion an Schulen sagt.

Im Hintergrund des Bildes sieht man das Hauptgebäude der Vereinten Nationen in Genf, davor die Allee mit den Flaggen aller Mitgliedstaaten.

Im Landesaktionsplan wird zunächst die Entwicklung der schulischen Inklusion seit ihrer Einführung im Jahr 2012 vorgestellt.

Das ganze liest sich wie eine reine Erfolgsgeschichte.

Tatsächlich hat Hamburg im Vergleich mit anderen Bundesländern eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt.

Allerdings:

Die Stadt ist immer noch weit entfernt von einem inklusiven Schulsystem für alle.

  • Nach wie vor gibt es in Hamburg ein gut ausgebautes schulisches Sondersystem. Bestehend aus 26 staatlichen Sonderschulen und 5 privaten Sonderschulen.

Hier werden rund 40 Prozent aller Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen unterrichtet. Mit steigender Tendenz.

  • Die allermeisten Kinder und Jugendlichen, die in Hamburg inklusiv beschult werden, besuchen Grundschulen und Stadtteilschulen. An Gymnasien findet Inklusion dagegen nach wie vor kaum statt.
  • Bereits seit mehreren Jahren stagniert die jährliche Exklusionsquote. Das heißt: Der Anteil der Schülerinnen und Schüler an Sonderschulen geht im Vergleich zu allen Hamburger Schülern nicht weiter zurück.

Die Hamburger Schulbehörde geht davon aus, dass sich hieran bis mindestens 2035 nichts ändern wird.

  • Die meisten Kinder und Jugendlichen mit geistigen Behinderungen, körperlichen Behinderungen, Sinnesbeeinträchtigungen und komplexen Behinderungen nehmen an inklusiver Bildung nach wie vor nicht teil.

Als Schülerinnen und Schüler mit speziellen Förderbedarfen werden sie überwiegend an Sonderschulen unterrichtet.

Im Schuljahr 2023/24 besuchten 2588 Schüler mit speziellen Förderbedarfen Sonderschulen.

Nur 1650 Schüler mit speziellen Förderbedarfen wurden inklusiv an Regelschulen unterrichtet.

Zum Vergleich:

Zu Beginn der schulischen Inklusion 2012/13 besuchten 1986 Schüler mit speziellen Förderbedarfen Sonderschulen und 1326 Regelschulen.

Außerdem steigt seit einigen Jahren die Zahl autistischer Schülerinnen und Schüler an Sonderschulen.

Das gleiche gilt für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Emotional-soziale Entwicklung, unter ihnen viele mit FASD.

Nur Schülerinnen und Schüler mit den Förderschwerpunkten Lernen und Sprache konnten bislang mehrheitlich von der schulischen Inklusion profitieren. Sie werden inzwischen überwiegend an Regelschulen unterrichtet.

Dies alles zeigt:

Hamburgs angeblich so erfolgreiche Inklusion ist bislang nur eine sehr eingeschränkte Inklusion.

Weite Teile des Hamburger Schulsystems sind weiterhin auf Absonderung und Trennung ausgerichtet.

Ein Mensch studiert eine weißen Wand, an die viele Zettel und Pläne gepinnt sind.

Was plant Hamburg in Sachen schulische Inklusion?

1. Hamburg will an seinen Sonderschulen festhalten.

Damit Eltern behinderter Kinder weiterhin eine Wahl haben zwischen Sonderschule und Regelschule, will Hamburg am Sonderschulsystem festhalten.

Dies steht im Widerspruch zur UN-Behindertenrechtskonvention.

Die UN-Behindertenrechtskonvention sagt klar und deutlich:

Alle Kinder und Jugendlichen sollen gemeinsam unterrichtet werden.

Nach der Staatenprüfung im August 2023 hat der UN-Ausschuss Deutschland dazu aufgefordert, einen umfassenden Plan zu erstellen, wie der Übergang vom Sonderschulsystem in ein inklusives Regelschulsystem möglichst zügig umgesetzt werden kann.

Und zwar mit einem konkreten Zeitrahmen.

Mit der Zuweisung von personellen,
technischen und finanziellen Ressourcen.

Und mit klaren Verantwortlichkeiten für die
Umsetzung und Überwachung.

Darüber verliert der Hamburger Landesaktionsplan kein einziges Wort.

Drei grüne Kermit-Puppen sitzen nebeneinander auf zwei Holzbalken. Die erste Frosch-Figur hält sich die Ohren zu. Die zweite Frosch-Figur hält sich die Augen zu. Die dritte hält sich den Mund zu.

Stattdessen reduziert sich Hamburgs Planung darauf, „dass der Besuch einer allgemeinen Schule einen Mehrwert gegenüber anderen Schulformen bieten muss – durch konsequent gelebte Inklusion und ein positives Schulerlebnis besonders auch für Menschen mit Behinderungen.“

Als Mutter eines Kindes mit Behinderung bin ich fassungslos.

Bei inklusiver Bildung geht es um viel mehr als „positive“ Schulerlebnisse für Menschen mit Behinderungen.

Es geht um bestmögliche Bildung für alle.

Damit alle jungen Menschen ihre Persönlichkeit, ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll entfalten können.

Eine Zeichnung mit vier bunten Pfeilen, die sich in der Mitte des Bildes treffen.

2. Hamburg will Schwerpunktschulen weiter stärken.

Hamburg hat das Recht auf inklusive Beschulung in seinem Schulgesetz festgeschrieben.

Allerdings bedeutet das nicht automatisch, dass behinderte Kinder und deren Eltern die freie Schulwahl haben.

Kinder und Jugendliche mit speziellen Förderbedarfen sollen an sogenannten Schwerpunktschulen unterrichtet werden.

Schwerpunktschulen sind Schulen, die als besonders erfahren und ausgestattet gelten, was den Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen angeht.

Fast alle Schwerpunktschulen haben bereits vor Einführung der Inklusion mit Integrationsklassen und integrativen Regelklassen gearbeitet.

Insgesamt gibt es in Hamburg 68 Schwerpunktschulen.

Nämlich 40 Grundschulen und 28 Stadtteilschulen, die sich sehr ungleichmäßig über das Stadtgebiet verteilen.

183 Grundschulen, 55 Stadtteilschulen und 74 Gymnasien sind keine Schwerpunktschulen.

Das bedeutet:

Nur jede 5. Hamburger Schule ist eine Schwerpunktschule.

Bereits der Landesaktionsplan 2019 sah vor, Schwerpunktschulen zu stärken.

Unter dem Namen „möglichmacher*“ entwickelte die Schulbehörde ein Modellprojekt, um ausgewählte Schwerpunktschulen bei ihrer inklusiven Schulentwicklung zu stärken und zu unterstützen.

An diesem Projekt beteiligten sich bislang 7 Grundschulen und 4 Stadtteilschulen.

Im neuen Landesaktionsplan bleibt offen, ob die Maßnahme „Schwerpunktschulen stärken“ diesmal alle Schwerpunktschulen mit einschließt.

Oder ob sie sich erneut nur auf ausgewählte Schwerpunktschulen konzentriert.

Sicher ist:

Nur ein kleiner Teil aller Hamburger Schwerpunktschulen scheint sich bislang intensiv damit beschäftigt zu haben, schuleigene Konzepte für eine inklusive Schule und eine individualisierte Unterrichtsgestaltung zu erarbeiten.

Dies erklärt auch, warum Eltern von inklusiv beschulten Kindern immer wieder über Schwierigkeiten berichten: bei Nachteilsausgleichen und Förderplanung, beim zieldifferenzierten Unterricht, bei der Zuweisung von Ressourcen oder der Zusammenarbeit mit Therapeuten.

Grundsätzlich halte ich das Konzept der Schwerpunktschulen für problematisch.

Zum einen geht es von einem medizinisch geprägten Behinderungsbegriff aus, der Beeinträchtigungen als Defizite ansieht.

Aufgrund dieser „Beeinträchtigungen“ sollen Schülerinnen und Schüler mit speziellen Förderbedarfen nur an besonders ausgestatteten Schulen oder spezialisierten Sonderschulen unterrichtet werden.

Zum andern ist die Gefahr groß, dass Schwerpunktschulen zu inklusiven Sonderformen werden in einem ansonsten weiterhin nicht inklusivem Regelsystem.

Vier Menschen sitzen gemeinsam an einem großen Tisch und arbeiten an ihren Laptops. Die Laptops sind mit einem größeren Computer verbunden. Auf dem Tisch liegen  verschiedene Zettel, Notizblöcke, Kabel und Handys. Außerdem sieht man einen Aktenordner, eine Brotdose und verschiedene Getränke.

3. Verbesserung der Beratungs- und Bildungsangebote

Der Landesaktionsplan 2023 sieht vor, Beratungsangebote und Bildungsangebote für Familien mit behinderten Kindern deutlich zu verbessern.

Und zwar über einen auf 5 Jahre angelegten Organisationsentwicklungsprozess.

Zuständig für den geplanten Organisationsentwicklungsprozess sind die speziellen Sonderschulen, die Regionalen Bildungs- und Beratungszentren und das Bildungs- und Beratungszentrum Pädagogik bei Krankheit/Autismus.

Ziel des Organisationsentwicklungsprozesses ist es, Strukturen und Prozesse der speziellen Sonderschulen und Beratungszentren zu überarbeiten und neu aufzustellen:

  • um individuelle und flexible Bildungsverläufe zu ermöglichen und Bildungschancen zu vergrößern,
  • um die Teilhabe an Bildung und sozialem Miteinander zu verbessern,
  • und um die Zusammenarbeit untereinander sowie mit verschiedenen Professionen zu intensivieren und zu erweitern.

Es sollen also die speziell für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen gedachten besonderen Bildungs- und Beratungsangebote neu gestaltet und verbessert werden.

Allerdings: So funktioniert keine Inklusion.

Inklusion bedeutet nicht, das Sondersystem umzugestalten.

Inklusion bedeutet, das Gesamtsystem Schule von Grund auf umzubauen und inklusiv zu gestalten.

Auf dem Bild sieht man den oberen Teil eines großen Baukrans vor blauem Himmel.

4. Verbesserung der Barrierefreiheit

Bereits der erste Landesaktionsplan aus dem Jahr 2012 sah vor, die bauliche Barrierefreiheit an Hamburgs Schulen zu verbessern.

Seitdem betont der Senat gerne und regelmäßig, dass er jedes Jahr sehr viel Geld investiert, um Hamburgs Schulgebäude barrierefreier zu machen.

Als konkrete Maßnahme im Landesaktionsplan 2023 ist vorgesehen, alle Schulneubauten nach DIN 18040-1 barrierefrei zu planen und zu errichten.

Bei Sanierungen und Umbauten sollen zusätzliche Leistungen zur Barrierefreiheit nach individuellem Bedarf und entsprechend der DIN umgesetzt werden.

Damit knüpft der Landesaktionsplan 2023 nahtlos an die bisherige Schulpolitik des Senats an.

Doch was heißt das genau?

Werden Schulen in Hamburg neu gebaut, erhalten sie gemäß DIN 18040-1 automatisch Aufzüge, barrierefreie Zugänge und behindertengerechte WCs.

Neu gegründete Schwerpunktschulen erhalten außerdem eine zusätzliche Fläche von 24 Quadratmetern pro Zug. Hier können bei Bedarf Pflegeräume eingerichtet werden.

Weitere Bedarfe an Barrierefreiheit sollen zu Beginn der Bauvorhaben in Abstimmung mit der Schule ermittelt werden.

An dieser Stelle lohnt es, etwas tiefer zu gehen.

Und zwar mit der Frage: Welche Kriterien wendet Hamburg an bei der Gestaltung von Barrierefreiheit an Schulen?

In Hamburg werden Schulen als halb-öffentliche Gebäude betrachtet.

Es gibt den öffentlichen Bereich einer Schule. Nämlich das Schulbüro, Gemeinschaftsflächen und die Sporthalle.

Alle übrigen Schulräume werden in erster Linie von Schülern und Lehrern genutzt.

Damit gelten diese Räume aus Sicht der Schulbehörde als nicht öffentlich.

Entsprechend reduzieren sich die Anforderungen an Barrierefreiheit.

Was das bedeutet, zeigt sich bei der Sanierung bereits bestehender Schulen.

Hinweisschild mit der Aufschrift "Barrierefreier Zugang", darunter ein Pfeil und ein Rollstuhlfahrerpiktogramm"

Werden bereits bestehende Schulen saniert, erhalten sie behindertengerechte Zugänge zu allen öffentlichen Bereichen.

Also zu Sporthallen, Schulbüros und Gemeinschaftsflächen. Außerdem soll mindestens
ein behindertengerechtes WC je Schule geschaffen werden.

Für bestehende Schwerpunktschulen sind darüber hinaus behindertengerechte Zugänge zu Fachräumen, Ganztagsflächen und zu einzelnen Klassenräumen vorgesehen.

Dabei ist jede Schwerpunktschule aufgefordert, geschaffene barrierefreie Räume – je nach Bedarf – bestimmten Klassen oder Jahrgängen zuzuordnen.

Dies bedeutet: Einzelne Gebäude einer Schwerpunktschule müssen nicht unbedingt einen Aufzug erhalten. Oder einen barrierefreien Zugang.

In einem dreigeschossigen Klassenhaus einer bestehenden Schwerpunktschule reicht es zum Beispiel aus, wenn Klassenräume im Erdgeschoss von Schülerinnen und Schülern mit Rollstuhl erreicht werden können.

Insgesamt ist die bauliche Barrierefreiheit an Hamburgs Schulen also erheblich eingeschränkt.

Sie konzentriert sich nur auf ausgewählte schulische Räume.

Und sie konzentriert sich auf ausgewählte Schulen.

Die UN-Behindertenrechtskonvention dagegen fordert klar und deutlich:

Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderungen müssen gleichberechtig Zugang haben zu allen Schulen und zu allen von Schülern genutzten Räumen.

Von einer umfänglichen Barrierefreiheit, wie sie die UN-Behindertenrechtskonvention fordert, sind Hamburgs Schulen also noch weit entfernt.

Zwei rote Gummistiefel spiegeln sich in einer großen Pfütze mit Regentropfen.

Werden die im Landesaktionsplan 2023 vorgesehenen Maßnahmen ausreichen, um Hamburgs Schulen inklusiver zu machen und so der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ein gutes Stück näher zu kommen?

Meine Antwort darauf lautet: NEIN.

Denn Hamburg weigert sich weiterhin, sein Sonderschulsystem aufzugeben.

Gleichzeitig baut Hamburg mit seinen Schwerpunktschulen ein neues, vermeintlich inklusives Sondersystem aus.

Beides hat zur Folge, dass an den meisten Hamburger Schulen nach wie vor keine Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen zu finden sind.

Gleiche Startchancen für alle?

In Hamburg startet das neue Startchancen-Programm der Bundesregierung.

Es spült der neuen Schulsenatorin Ksenija Bekeris in den nächsten 10 Jahren insgesamt 215 Millionen Euro in die Kasse.

Mit dem Geld sollen sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler beim Lernen der Basiskompetenzen in Deutsch und Mathematik sowie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert werden.

Für mehr Bildungsgerechtigkeit und gute Startchancen für alle.

Das Bild zeigt eine Schnur, an der sechs unterschiedliche Euro-Scheine mit Wäscheklammern befestigt sind. Im Hintergrund sieht man Holzplanken.

Geld für Bildung an sich ist eine gute Sache.

Gute Bildung bedeutet mehr gesellschaftliche Teilhabe und bessere Lebenschancen.

Das stärkt die Demokratie und sichert die Zukunft unseres Landes.

Allerdings:

Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen werden im bundesweiten Startchancen-Programm – wieder einmal – vergessen.

Gute Startchancen für Menschen mit Behinderungen interessieren die Bundesregierung anscheinend nicht.

Obwohl das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an Bildung für Menschen mit Behinderungen seit 15 Jahren gesetzlich festgeschrieben ist.

Geht es um inklusive Bildung, dann heißt es derzeit von der Bundesregierung:

„Bildung ist Ländersache“.

Gleichzeitig zeigen das Startchancen-Programm und der Digital-Pakt:

Die Bundesregierung kann durchaus Verantwortung übernehmen in Sachen bundesweite Bildung.

So sie denn will.

Seit 4 Monaten warten 140 namhafte Vereine und Verbände und über 1.400 Einzelpersonen vergeblich darauf, dass die Bundesregierung den Offenen Brief #InklusiveBildungJetzt! beantwortet.

In Zeiten zunehmender Politikverdrossenheit und einer gleichzeitigen Radikalisierung in unserer Gesellschaft ein denkbar schlechtes Zeichen.

Dabei bietet inklusive Bildung den Schlüssel für mehr Bildungsgerechtigkeit für alle.

Das Bild zeigt mich vor einem gelben Briefkasten. Im Schlitz des Briefkastens stecken meine zwei blauen Briefe nach Berlin.
Copyright Inklusion-in-hamburg.de

Übrigens:

Inzwischen habe ich zwei blaue Briefe geschrieben und verschickt.

An die Bundesminister Hubertus Heil und Bettina Stark-Watzinger.

Eltern erhalten „blaue Briefe“ von der Schule, wenn die Versetzung ihrer Kinder gefährdet ist.

Meine blauen Briefe zeigen meine große Enttäuschung über das Schweigen der zwei Minister.

Es kann und darf nicht sein, dass in einem freiheitlich-demokratischen Land wie Deutschland das Menschenrecht auf Inklusion einfach ignoriert wird.

Zwei rote Schuhe baumeln mit Schnürsenkeln zusammengebunden in der Luft. Dahinter sieht man blauen Himmel.

Wollt ihr auch blaue Briefe nach Berlin schicken?

Alle Informationen dazu und auch einen Beispiel- Brief findet ihr hier:

#InklusiveBildungJetzt! Wo bleibt die Antwort auf unseren Offenen Brief? – mittendrin e.V. (mittendrin-koeln.de)

Inklusive Bildung steckt fest

Hamburgs jährliche Schulstatistiken zeigen es deutlich:

Die inklusive Bildung in Hamburgs Schulen steckt fest.

Und das bereits seit mehreren Jahren.

Auf dem Bild sieht man das Hinterrad eines Motorrads, das fast komplett mit Schlamm bedeckt ist.

Dass die Inklusion in Hamburgs Schulen auch inhaltlich festgefahren ist, zeigen die regelmäßigen Arbeitsberichte der Ombudsstelle Inklusive Bildung.

Die Frauen und Männer der Ombudsstelle Inklusive Bildung erhalten und bearbeiten jedes Jahr weit über 100 Anfragen von Eltern und Schülern, die Probleme mit der sonderpädagogischen Förderung haben.

Die zentralen Themen dieser Anfragen haben sich in den letzten zehn Jahren kaum verändert.

Immer wieder geht es um

  • Probleme bei Nachteilsausgleichen und Förderplanung,
  • unfreiwillige Schulzeitverkürzungen,
  • Probleme beim zieldifferenzierten Unterricht,
  • Probleme bei Schulbegleitungen,
  • Bildung und Erziehung bei Autismus-Spektrum-Störungen,
  • Bildung und Erziehung bei Schülerinnen und Schülern mit einer fetalen Alkoholspektrumstörung (FASD),
  • Zuweisungen zu Schwerpunktschulen.
Das Bild zeigt viele Glasmurmeln in unterschiedlichen Farben und Größen

Die vielen Anfragen weisen auf ein strukturelles Problem der Inklusion in Hamburgs Regelschulen hin.

Nämlich die nach wie vor nicht selbstverständliche Ausgestaltung und Umsetzung eines individualisierten Unterrichts für alle.

Inklusive Bildung denkt vom Kind aus.

Wo steht ein Kind? Was braucht ein Kind?

Und zwar unabhängig von einer Behinderung.

Ziel der inklusiven Bildung ist es, jedes Kind bestmöglich zu fördern.

Damit es später als erwachsener Mensch selbst bestimmt und möglichst selbständig an unserer Gesellschaft teilhaben kann.

Dies umzusetzen ist herausfordernd.

Es bedeutet zum Beispiel eine individuelle Förderplanung für jedes Kind.

An der alle beteiligt sind: Lehrkräfte, Therapeuten, Beratungskräfte, Schulbehörde, Eltern – und auch das Kind.

Bei dieser Förderplanung müssen Toilettengänge und Schulwege genauso selbstverständlich mitgedacht werden wie Kompetenzen in Mathe, Deutsch und Englisch.

Schule muss zu einem Bildungsort für alle werden.

Mit angepassten Unterrichtsmaterialien.

Mit Rückzugsräumen und reizarmen Lernumgebungen.

Mit Therapieräumen und viel Platz zum Bewegen.

Mit überschaubaren Lerngruppen und multi-professionellen Teams.

Das funktioniert nur mit beweglichen Strukturen. Mit Zusammenarbeit und der Bereitschaft, gemeinsam und voneinander zu lernen.

Und zwar auf allen Ebenen: In der Schule, mit Eltern, mit Verwaltung, mit Wissenschaft und Politik.

Der Blick aus einem Rafting Boot auf einen Wildwasser-Flußlauf. In der Spitze des Bootes sieht man zwei Mitfahrer von hinten, beide mit Paddeln, roten Helmen und Schwimmwesten.

Um solch ein lernendes System umzusetzen, braucht es einen klaren politischen Willen.

Doch ob der zur Zeit in unserer Stadt gegeben ist?

Die Frauen und Männer der Ombudsstelle wünschen sich bereits seit 2022 von der Schulbehörde, durch Corona ausgesetzte Arbeitsgruppen und den Beirat Inklusion wieder aufzunehmen.

Der gerade vorgestellte Landesaktionsplan 2023 enthält ein klares Bekenntnis zum Festhalten am Sonderschulsystem.

Außerdem soll die Inklusion nicht in allen Regelschulen gleichermaßen gefördert werden.

Sondern nur in den sogenannten Schwerpunktschulen.

Zwar wird im Landesaktionsplan das Ziel formuliert, „dass der Besuch einer allgemeinen Schule einen Mehrwert gegenüber anderen Schulformen bieten muss – durch konsequent gelebte Inklusion und ein positives Schulerlebnis besonders auch für Menschen mit Behinderungen.“

Allerdings bezweifle ich, dass dies jemals Wirklichkeit wird, solange Hamburg an seinen zwei Schulsystemen (Regelschule und Förderschule) festhält.

Rote Schuhspitzen auf grauen Holzplanken

Festgefahren: Inklusive Bildung in Hamburg 2023

Wie ist Hamburg bei der Umsetzung von Inklusion in seinen Schulen im Jahr 2023 vorangekommen?

Die Stadt gilt nach wie vor als Vorbild, was schulische Inklusion angeht.

Und im Vergleich mit anderen Bundesländern ist Hamburg sicherlich schon weit gekommen.

Trotzdem ist die Stadt noch weit entfernt von einem inklusiven Schulsystem, wie es die UN-Behindertenrechtskonvention vorsieht.

Nämlich einem Schulsystem, in dem Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen. Und zwar in einer Schule für alle.

Das Bild zeigt ein trocken gefallenes weißes Ruderboot im Schlick.

Nach wie vor gibt es in Hamburg ein gut ausgebautes schulisches Sondersystem.

Bestehend aus 26 staatlichen Sonderschulen und 5 privaten Sonderschulen.

Hier wurden im Schuljahr 2022/23 mehr als 4400 Schülerinnen und Schüler exklusiv unterrichtet.

Das waren rund 40 Prozent aller Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen.

Die Graphik zeigt die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen, die in Hamburg zwischen 2013 und 2023 in Regelschulen und Sonderschulen unterrichtet wurden. Und zwar aufgereiht nach Schuljahren.
Aus: Das Schuljahr 2022/23 in Zahlen. Das Hamburger Schulwesen. Hrsg. vom Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung, Hamburg 2023. Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderschwerpunkten und speziellen Förderschwerpunkten sind hier zusammengefasst.

An diesen Zahlen hat sich in den letzten fünf Jahren nicht wirklich etwas verändert.

Und so wird es wohl auch in Zukunft bleiben.

Bildungsforscher gehen davon aus, dass die Exklusionsquote in Hamburg bis 2035 bei 2,66 stehen bleiben wird.

Die Exklusionsquote gibt den Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen an, die exklusiv an Sonderschulen unterrichtet werden. Und zwar gemessen an allen Schülerinnen und Schülern mit Vollzeitschulpflicht (Jahrgangsstufen 1 bis 9 bzw. 10).

Bei ihren Berechnungen für Hamburg stützen sich die Bildungsforscher auf Zahlenmaterial, das von der Hamburger Schulbehörde für die Kultusministerkonferenz der Länder zusammengestellt wurde.

Die Tabelle zeigt die tatsächlichen und erwarteten Exklusionsquoten für die Schuljahre 2008/09, 2020/21, 2025/26, 2030/31 und 2035/36 im Ländervergleich.
Klaus Klemm: Inklusion in Deutschlands Schulen: Eine bildungsstatistische Momentaufnahme 2020/21, Gütersloh 2022, S. 18.

Die Zahlen zeigen:

Bis 2035 wird in Hamburg ein großer Teil von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen weiterhin an Sonderschulen unterrichtet werden.

Damit scheint die Hamburger Politik zufrieden.

Denn:

Hamburg hat zwar das Recht auf Inklusion in seinem Schulgesetz verankert.

Allerdings will die Stadt ihr Sonderschulsystem nicht aufgeben.

Eltern sollen auch in Zukunft wählen können, ob ihr behindertes Kind in einer Regelschule oder in einer Sonderschule beschult wird.

Das verstößt gegen die UN-Behindertenrechtskonvention.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte in Berlin stellte bereits 2017 klar:

Die Aufrechterhaltung zweier Schulsysteme lässt sich menschenrechtlich nicht über
das Elternwahlrecht rechtfertigen.

Der Staat darf seine Verantwortung für einen schulischen Systemwechsel nicht an Eltern abgeben.

Deutsches Institut für Menschenrechte (Hrsg.): Inklusive Bildung ist ein Menschenrecht.
Warum es die inklusive Schule für alle geben muss (Position Nr. 10), Berlin 2017.

Besonders Schülerinnen und Schüler mit speziellen Förderbedarfen werden in Hamburg nach wie vor an Sonderschulen unterrichtet. Und zwar mit steigender Tendenz.

Das zeigt die Schulstatistik 2022/23:

Eine Graphik zeigt die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit speziellen Förderbedarfen, die zwischen 2013 und 2023 an Regelschulen und an Sonderschulen unterrichtet wurden, aufgereiht nach Schuljahren.
Aus: Das Schuljahr 2022/23 in Zahlen. Das Hamburger Schulwesen. Hrsg. vom Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung, Hamburg 2023. Unter speziellen Förderbedarfe werden die Förderschwerpunkte geistige Entwicklung, körperlich-motorische Entwicklung, Hören, Sehen und Autismus zusammengefasst.

Eine Graphik zeigt die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarfen, die zwischen 2013 und 2023 an Regelschulen und an Sonderschulen unterrichtet wurden, aufgereiht nach Schuljahren.
Aus: Das Schuljahr 2022/23 in Zahlen. Das Hamburger Schulwesen. Hrsg. vom Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung, Hamburg 2023.

In der Gruppe der Schülerinnen und Schüler mit speziellen Förderbedarfen befinden sich mehrheitlich Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen, körperlichen Behinderungen, Sinnesbeeinträchtigungen und komplexen Behinderungen.

Also genau die Kinder und Jugendlichen, die eine zentrale Zielgruppe bei der Umsetzung von inklusiver Bildung sein sollten.

Doch die meisten dieser Kinder und Jugendlichen nehmen an Inklusion nach wie vor nicht teil.

Im Gegenteil.

Im Schuljahr 2022/23 wurden in Hamburg deutlich mehr Schülerinnen und Schüler mit speziellen Förderbedarfen exklusiv an Sonderschulen unterrichtet als zu Beginn der schulischen Inklusion.

Auf der linken Seite des Bildes sieht man eine Gruppe bunter Spielfiguren aus Holz, die im Kreis zusammen stehen. Auf der rechten Bildseite stehen eine schwarze und eine weiße Spielfigur nebeneinander, mit deutlichem Abstand zu den andern.

Nach der Einführung der schulischen Inklusion haben vor allem Schülerinnen und Schüler mit sogenannten geistigen Behinderungen an Sonderschulen zugenommen.

Gleiches gilt für Schülerinnen und Schüler, die sich keinem der klassischen Förderschwerpunkte zuordnen lassen. Hierunter fallen auch Schülerinnen und Schüler mit Autismusspektrumstörungen.

Außerdem stieg die Zahl der Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt Emotional-soziale Entwicklung, die exklusiv an Sonderschulen unterrichtet werden.

Profitieren von der Inklusion konnten dagegen Schülerinnen und Schüler mit den sonderpädagogischen Förderschwerpunkten Lernen und Sprache. Sie werden in Hamburg inzwischen meist an Regelschulen unterrichtet.

Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich übrigens auch in den anderen Bundesländern.

Ein Kreisdiagram zeigt die Häufigkeit der verschiedenen Förderschwerpunkte bei Schülerinnen und Schülern, die exklusiv in Sonderschulen unterrichtet werden. Und zwar für das Schuljahr 2011/12.
Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (Hrsg.): Sonderpädagogische Förderung in Schulen 2011 bis 2020, Berlin 2022.

Ein Kreisdiagram zeigt die Häufigkeit der verschiedenen Förderschwerpunkte bei Schülerinnen und Schülern, die exklusiv in Sonderschulen unterrichtet werden. Und zwar für das Schuljahr 2020/21.
Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (Hrsg.): Sonderpädagogische Förderung in Schulen 2011 bis 2020, Berlin 2022.

Neben seinem Sonderschulsystem hat Hamburg nach Einführung der schulischen Inklusion auch an einem zweigliedrigen Schulsystem ab Klasse 5 festgehalten.

Stadtteilschulen nehmen seitdem die meisten Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen auf.

In Gymnasien dagegen fand auch im Schuljahr 2022/23 Inklusion kaum statt.

Diese Mischung von Inklusion und Exklusion in Hamburgs Schulen widerspricht den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention.

Im August 2023 prüften die Vereinten Nationen in Genf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland.

Das Ergebnis war beschämend.

In fast allen Lebensbereichen ist Deutschland in den letzten 14 Jahren mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention kaum vorangekommen.

Das gilt auch für die inklusive Bildung.

Mehr als die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen werden in Deutschland nach wie vor in Sonderschulen unterrichtet.

Viele Menschen stehen hinter einem großen schwarz-rot-gelben Banner mit der Aufschrift: "Seit 14 Jahren gilt die UN-Behindertenrechtskonvention: Schämt Euch! Shame on you! Deutschland verweigert das Menschenrecht auf inklusive Bildung. Eltern fordern Inklusion. Jetzt endlich!" Im Hintergrund sieht man den Uno-Hauptsitz in Genf.
Gemeinsam mit Eltern aus ganz Deutschland demonstrierte ich im August 2023 vor dem Uno-Hauptsitz in Genf. Zur gleichen Zeit fand drinnen die deutsche Staatenprüfung statt.

Was genau geschehen muss, damit Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen endlich in ganz Deutschland gemeinsam lernen können, hat der UN-Fachausschuss in seinen abschließenden Bemerkungen klar benannt.

In diesen abschließenden Bemerkungen fordert der UN-Fachausschluss die Bundesregierung, die Landesregierungen und die Kommunen dazu auf:

  • konkrete Zeitpläne zu erstellen, bis wann schulische Sondersysteme vollständig abgebaut sind.
  • konkrete Pläne zu erstellen, wie gemeinsame Schulen für alle möglichst zügig umgesetzt werden. Und zwar mit klaren Ressourcenzuweisungen, was Menschen, Technik und Geld angeht.
  • klar zu benennen, wer für die Umsetzung und Überwachung der Inklusion in Schulen zuständig ist.
  • Sensibilisierungs- und Bildungskampagnen zu starten. Um inklusive Bildung auf Gemeindeebene und bei den zuständigen Behörden zu fördern.
  • endlich sicherzustellen, dass alle Kinder mit Behinderungen Regelschulen besuchen können.

Bund und Länder und damit auch Hamburg sind nun gefordert.

Das Bild zeigt ein Paar rote Gummistiefel, die im Regen in einer Pfütze auf einer Brücke stehen.

Inklusive Bildung ist mehr als Sonderpädagogik und Schulbegleitung

Neulich war ich auf einer Veranstaltung von Leben mit Behinderung Hamburg.

Eingeladen war der Hamburger Schulsenator Ties Rabe.

Es ging um ein wichtiges Thema, nämlich Teilhabe an Bildung im Schuljahr 2023/2024:

Wie sind Hamburger Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen in das neue Schuljahr gestartet?

Zahlreiche Eltern waren zu der gemeinsamen Diskussion gekommen.

Sie wollten vor allem ihren Ärger loszuwerden:

Ärger über nach wie vor fehlende Schulbegleitungen und überlastete Sonderpädagogen in den Regelschulen.

Aber auch Ärger über fehlende Sonderpädagogen und andere Fachkräfte in den speziellen Sonderschulen.

Das Bild zeigt eine Frau, die ein älteres Kind huckepack durch einen Wald trägt. Man sieht beide von hinten. Das Kind trägt einen großen Rucksack.

Den größten Raum nahm das Thema Schulbegleitung ein. Wie schon im letzten Schuljahr waren auch zu Beginn dieses Schuljahres viele Schulbegleiter-Stellen unbesetzt.

Das ist ein wichtiges Thema, das von der Schulbehörde unbedingt gehört werden muss.

Allerdings: Schulbegleitungen allein schaffen noch keine inklusive Bildung.

Selbst Schulsenator Rabe hätte lieber mehr darüber diskutiert, warum es mit der Umsetzung von Inklusion in Hamburgs Regelschulen immer noch so viele Probleme gebe. Obwohl seine Behörde die Zahl der pädagogischen und therapeutischen Stellen dafür massiv erhöht habe.

In der Tat ist dies eine äußerst wichtige Frage.

Denn diese Frage öffnet den Blick darauf, was wir eigentlich unter inklusiver Bildung verstehen.

Auch der Einsatz von zusätzlichen Sonderpädagogen bedeutet nämlich nicht automatisch ein mehr an Inklusion.

Werden Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen in Regelschulen ausschließlich von Sonderpädagogen unterrichtet, dann ist das keine inklusive Bildung. Traditionelle Sonderformen der Beschulung bleiben bestehen.

Viele bunte Mensch-ärger-dich-nicht-Figuren bilden eng zusammengestellt ein Herz auf weißem Hintergrund.
Die Vereinten Nationen haben festgelegt: Jeder Mensch hat das Recht auf inklusive Bildung!

Wie inklusive Bildung aussieht und funktioniert, haben die Vereinten Nationen genau beschrieben.

Zum Beispiel in ihren Allgemeinen Bemerkung Nr. 4 (2016) zum Recht auf inklusiv Bildung.

Darin heißt es:

  • Inklusive Bildung ist ein Menschenrecht – festgelegt in Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention.
  • Inklusive Bildung bedeutet: Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen werden gemeinsam unterrichtet.
  • Inklusive Bildung stellt sicher: Jeder Mensch erhält die ihm bestmögliche Bildung. Damit er wirksam am Leben in unserer Gesellschaft teilnehmen kann.
  • Inklusive Bildung erfordert neue Formen des Unterrichts, ausgerichtet an den individuellen Bedarfen der Lernenden.
  • Inklusive Bildung funktioniert nur, wenn alle, die im Bildungswesen arbeiten, gut darauf vorbereitet werden.
Das Bild zeigt drei gemalte Smilies mit jeweils einem leeren Ankreuz-Kästchen rechts daneben. Die Smilies sind untereinander angeordnet. Das obere ist grün und zeigt ein lachendes Gesicht. Das mittlere ist orange und zeigt ein neutrales Gesicht. Das untere ist rot und zeigt ein trauriges Gesicht.

Die Umsetzung von inklusiver Bildung ist ein fortlaufender Prozess.

Dieser Prozess muss regelmäßig überwacht und evaluiert werden.

Auch das schreiben die Vereinten Nationen vor.

Doch genau das passiert in Deutschland viel zu wenig.

Gerade erst hat der Uno-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen angemahnt:

  • Die deutsche Bundesregierung tut viel zu wenig für die Umsetzung von inklusiver Bildung.
  • Sie muss endlich Verantwortung übernehmen und die Umsetzung von inklusiver Bildung aktiv vorantreiben.
  • Es reicht nicht aus zu sagen: Bildung ist Ländersache.
Blick von unten auf den Turm über dem Haupteingang des Hamburger Rathauses, darüber ein blauer Himmel mit weißen Wolken

Der Hamburger Schulsenator Rabe erklärte auf der Veranstaltung bei Leben mit Behinderung Hamburg:

Die Hamburger Behörde für Schule und Bildung liefere ausreichend „know how“ und Ressourcen für die Umsetzung von inklusiver Bildung.

Was daraus gemacht werde, sei Sache jeder einzelnen Schule.

Wie auf Bundesebene wird auch hier Verantwortung verschoben. In diesem Fall von der Landesregierung auf die Schulen.

Das darf nicht sein.

Mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich Hamburg zur Umsetzung von inklusiver Bildung verpflichtet.

Senat und Bürgerschaft müssen endlich einen genauen Fahrplan erstellen, bis wann inklusive Bildung in Hamburg umgesetzt sein soll.

Sie müssen für ausreichende Ressourcen sorgen, damit dieser Fahrplan erfolgreich eingehalten werden kann.

Und sie müssen die Umsetzung dieses Fahrplans regelmäßig kontrollieren und evaluieren.

Ein rechter Fuß in einem roten Turnschuh, dahinter graue Steine

2009 haben Bund und Länder die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet.

Damit haben sich Bundesregierung und Landesregierungen dazu verpflichtet, inklusive Bildung zügig umzusetzen. Und zwar in Form eines inklusiven Schulsystems, in dem junge Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam lernen.

Hamburg hat als eines von nur zwei Bundesländern das Recht auf inklusive Bildung in seinem Schulgesetz verankert.

Nun sollte Hamburg den inklusiven Umbau seines Schulsystems konsequent weiter führen.

Anstatt Schulen oder Eltern die Verantwortung für inklusive Bildung zuzuschieben.

#WirFahrenNachGenf

Morgen fliege ich nach Genf.

Dort treffe ich mich mit Eltern aus ganz Deutschland.

Die meisten dieser Eltern kenne ich bisher noch gar nicht.

Doch ich weiß: Wir haben eins gemeinsam.

Wir alle haben Kinder mit Behinderungen.

Und wir alle sind unzufrieden.

Unzufrieden, weil es mit der inklusiven Bildung in Deutschland nicht voran geht.

Das Bild zeigt ein weißes Ausflugsboot auf einem See.
Am Bug des Bootes weht die Flagge der Schweiz. Im Hintergrund sieht man schneebedeckte Berggipfel.

Zwei Tage lang werden wir in Genf protestieren.

Für alle Welt deutlich sichtbar.

Auf dem Platz der Nationen. Unmittelbar gegenüber dem Büro der Vereinten Nationen.

Während wir draußen vor dem UNO-Gebäude stehen, findet drinnen die Staatenprüfung Deutschlands statt.

Mit dieser Prüfung will die UNO herausfinden:

Was hat die Bundesregierung unternommen, um die vor 14 Jahren unterzeichnete UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland umzusetzen?

Auf dem Bild sieht man die Allee der Flaggen aller Mitgliedstaaten der UNO direkt vor dem UNO-Gebäude in Genf.

Wir Eltern, die nach Genf reisen, sind uns einig:

Was Inklusion in Schulen angeht, ist in den letzten 14 Jahren viel zu wenig bis gar nichts passiert:

  • Nach wie vor gibt es in allen Bundesländern gut ausgebaute schulische Sondersysteme.
  • Überall fehlen konkrete Zeitpläne und Konzepte zur Realisierung eines inklusiven Bildungssystems.
  • Was am schwersten wiegt: Es fehlt der politische Wille, inklusive Bildung tatsächlich umzusetzen.

Hamburg und Bremen haben als einzige Bundesländer das Recht auf inklusive Bildung in ihren Schulgesetzen verankert.

Allerdings hat sich Hamburg mit dem Festhalten am sogenannten Elternwahlrecht die Hintertür zum alten Sondersystem weit offen gelassen.

Immer noch werden in Hamburg weit über 4.000 Kinder und Jugendliche mit Behinderungen exklusiv an Sonderschulen unterrichtet. Mit steigender Tendenz. 

Ein Mensch steht auf einer Wiese. Das Bild zeigt den untersten Teil seiner Beine, seine roten Turnschuhe und die Wiese.

Mit unserer Kritik sind wir protestierenden Eltern nicht alleine.

Bereits im Vorfeld des Prüfverfahrens haben sich der Deutsche Behindertenrat, zahlreiche Elternvereine und –initiativen sowie das Deutsche Institut für Menschenrechte äußerst kritisch zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland geäußert.

Ihr Fazit:

Von einer umfassenden Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist Deutschland noch weit entfernt.

Nach wie bestimmen Ausschluss und Sondersysteme den Alltag von Menschen mit Behinderungen.

Nicht nur im Bildungsbereich, sondern so gut wie überall. 

Deutscher Behindertenrat – Parallelbericht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) 2023 (deutscher-behindertenrat.de) 

Der UNO ist unser Föderalismus egal – mittendrin e.V. (mittendrin-koeln.de) 

Staatenberichtsverfahren | Institut für Menschenrechte (institut-fuer-menschenrechte.de) 

Immer wieder fehlt die Schulbegleitung

Eltern behinderter Kinder in Hamburg wünschen sich seit langem deutlich mehr Verlässlichkeit im Schulalltag.

Immer wieder werden Kinder mit Behinderung vorzeitig aus dem laufenden Unterricht nach Hause geschickt.

Nicht selten gehen Kinder mit Behinderung erst gar nicht zur Schule.

Weil eine Schulbegleitung fehlt.

Das Bild zeigt eine Frau, die ein älteres Kind huckepack durch einen Wald trägt. Man sieht beide von hinten. Das Kind trägt einen großen  Rucksack.

Mit Beginn des Schuljahres 2022/23 scheint sich das Problem nochmals verschärft zu haben.

Egal, ob Regelschule oder Sonderschule – überall hieß es von Eltern:

Noch nie fehlten bereits zu Beginn eines Schuljahres so viele Schulbegleitungen!

Allerdings: Niemand weiß genau, wie viele Unterrichtsstunden Kinder mit Behinderung versäumen. Weil die Schulbegleitung fehlt.

Da sich jede Schule selbst verwaltet, sei die Erfassung von Zahlen schwierig. Sagt die Schulbehörde.

Das Bild zeigt einen Fensterputzer bei der Arbeit.

Erste konkrete Zahlen liefert nun eine Elternumfrage von Autismus Hamburg e.V.

Der Verein Autismus Hamburg e.V. ist eine Hamburger Selbsthilfe-Organisation. Gegründet 2009 durch Eltern von Kindern mit Autismus.

Viele Kinder mit Autismus brauchen in der Schule zusätzliche Unterstützung. Damit sie gut durch den Schultag kommen.

Im Herbst 2022 hat Autismus Hamburg e.V. daher 54 Eltern des Vereins zur aktuellen Situation der Schulbegleitung befragt.

Fast alle befragten Eltern hatten für ihr Kind eine Schulbegleitung beantragt. Entweder über ein Regionales Bildungs- und Beratungszentrum (ReBBZ) oder die Schulbehörde.

In vier von fünf Fällen wurde die Schulbegleitung bewilligt.

Von den bewilligten Schulbegleitungen fehlte zum Schulstart deutlich mehr als die Hälfte.

Meist war niemand für die Schulbegleitung gefunden worden.

In einigen Fällen erfolgte die Genehmigung nicht rechtzeitig.

Ein junger Mann sitzt auf einer Holzbank und blickt skeptisch Richtung Kamera. Im Hintergrund sieht man Blätter und Büsche.

Außerdem ergab die Umfrage:

Bei mehr als der Hälfte aller Kinder wurden zwischen 5 bis 18 Stunden Schulbegleitung pro Woche bewilligt. Das macht 1 bis 3 begleitete Unterrichtsstunden pro Tag.

Gut jedes vierte Kind erhielt zwischen 20 und 28 Stunden Schulbegleitung pro Woche.

Nur wenige Kinder hatten eine ganztägige Schulbegleitung.

Bei mehr als der Hälfte der Kinder reichten die bewilligten Stunden nicht, um gut durch den Schultag zu kommen.

Die Eltern gaben an, ihre Kinder seien deshalb verstärkt gestresst.

Oft müssten die Kinder bereits mittags aus der Schule abgeholt werden.

An einigen Tagen blieben die Kinder ganz zu Hause.

Dies wirkte sich deutlich auf den Alltag der Eltern aus.

Viele Eltern machten sich Sorgen: Wird ihr Kind in der Schule gut beschult und betreut?

Mehrere Eltern fühlten sich überfordert: Wie sollen sie den versäumten Unterricht mit ihrem Kind nachholen? Wie lässt sich ihr Kind emotional immer wieder auffangen?

Einige Eltern erklärten klar und deutlich: Sie können nicht im gewünschten Umfang arbeiten gehen.

Einige Eltern gaben an: Sie können überhaupt nicht arbeiten gehen.

Auf kariertem Papier sind drei unterschiedliche Smiley-Gesichter gezeichnet: glücklich, neutral und traurig. Dahinter steht jeweils ein Ankreuz-Kästchen. Eine Hand mit Stift setzt gerade ein schwarzes Häkchen.

Nun mag der ein oder andere sagen:

Die durchgeführte Elternumfrage von Autismus Hamburg e.V. ist nicht repräsentativ.

Zu wenige Eltern wurden befragt.

Andere Behinderungsformen wurden nicht berücksichtigt.

Es handelt sich um Einzelfälle, die individuell betrachtet werden müssen.

Dennoch bleiben die Ergebnisse der Umfrage alarmierend.

Sie untermauern das, was Eltern seit langem sagen:

Viele Kinder mit Behinderung nehmen in Hamburg nur eingeschränkt an Bildung teil.

Dabei sagt das Bundesteilhabe-Gesetz:

Kinder mit Behinderung haben Anspruch auf unterstützende Leistungen, damit sie Bildungsangebote gleichberechtigt wahrnehmen können.

Es ist dringend nötig, den durch fehlende Schulbegleitung verursachten Unterrichtsausfall für Kinder mit Behinderung genauer zu bestimmen.

Um daraus konkrete Verbesserungs-Maßnahmen abzuleiten.

Gerade lässt die Stadt Hamburg ihr bisheriges Verfahren in Sachen Schulbegleitung wissenschaftlich evaluieren.

Ein erster Zwischenbericht wird für März 2023 erwartet.

Der vollständige Abschlussbericht soll Ende 2023 folgen.

Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse dieser Untersuchung.

Zwei rote Kinder-Gummistiefel stehen neben einer Pfütze. Der linke von beiden ist umgefallen.

Was ich bereits jetzt weiß:

Für das Schuljahr 2023/24 plant Autismus Hamburg e.V. eine erneute Elternumfrage zum Thema Schulbegleitung.

Ernüchternd: Inklusive Bildung in Hamburg 2022

Vor kurzem hat das Deutsche Institut für Menschenrechte seinen Jahresbericht 2021/22 über die Menschenrechts-Situation in Deutschland veröffentlicht.

In der Mitte des Bildes steht "Human Rights". Darum herum sind viele bunte Handflächen einschließlich Handgelenken bzw. Unterarmen gezeichnet.

Im Mittelpunkt des Berichts steht diesmal die inklusive Bildung für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Mit sehr ernüchternden Ergebnissen:

  • Noch immer haben zu viele Kinder und Jugendliche mit Behinderung in Deutschland keinen diskriminierungsfreien Zugang zu einem inklusiven Schulsystem.
  • Viele Landesregierungen bekennen sich zwar vordergründig zu einer inklusiven Bildung. Trotzdem halten sie am Sonderschulsystem für Schüler mit Behinderung fest.
  • Immer noch werden mehr als die Hälfte aller Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf exklusiv an Förder- und Sonderschulen unterrichtet.
  • Die meisten dieser Schülerinnen und Schüler verlassen die Schule ohne Abschluss.
Auf dem Bild sieht man das Leuchtfeuer eines roten Feuerschiffs im Hamburger Hafen.

Als Leuchttürme für inklusive Bildung gelten in Deutschland nur wenige Bundesländer, unter ihnen Hamburg.

Im Oktober 2009 beschloss die Hamburgische Bürgerschaft einstimmig eine Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes. Seitdem haben Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Hamburg das Recht, allgemeine Schulen zu besuchen.

Im Juni 2012 verabschiedete die Hamburgische Bürgerschaft die Drucksache „Inklusive Bildung an Hamburgs Schulen„. Diese Drucksache enthält das Konzept, auf der die inklusive Umgestaltung des Hamburger Schulsystems fußt. Gleichzeitig war diese Drucksache der Startschuss für die praktische Umsetzung der Inklusion an Hamburgs Schulen.

Inzwischen sind 10 Jahre vergangen. Wie steht es um die inklusive Bildung für Kinder und Jugendliche mit Behinderung in Hamburg im Jahr 2022?

Hamburg-Flagge an einem Fahnenmast. Im Hintergrund erkennt man Wasser.

Ein Zeiger für den Stand von inklusiver Bildung ist die sogenannte Exklusionsquote.

Die Exklusionsquote zeigt, wie sich der Anteil der Schülerinnen und Schüler an Sonderschulen im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Schüler entwickelt.

Zu Beginn des inklusiven Umbaus des Hamburger Schulsystems betrug die Exklusionsquote 3,6. Das heißt, 3,6 Prozent aller Schüler in Hamburg wurden 2012 exklusiv in Sonderschulen unterrichtet.

Sechs Jahre später lag die Exklusionsquote bei 2,4. Ein beeindruckendes Ergebnis.

Die Graphik zeigt die Entwicklung der Schülerzahlen in Hamburg zwischen 2011 und 2022, unterteilt nach Schulformen (Sonderschulen, Gymnasien, Stadtteilschulen, Grundschulen). Unter anderem zeigt sich, dass die Zahl der an Sonderschulen unterrichteten Schüler zwischen 2011 und 2017 von 6152 auf 4512 gefallen ist. Seit 2018 hält sich die Zahl der Schüler an Sonderschulen kontinuierlich bei rund 4400.
(Quelle: Das Schuljahr 2021/22 in Zahlen. Das Hamburger Schulwesen. Hrsg. vom Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung, Hamburg 2022.)
Quelle: Das Schuljahr 2021/22 in Zahlen. Das Hamburger Schulwesen. Hrsg. vom Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung, Hamburg 2022.

Allerdings: In den letzten vier Jahren ist die Zahl der Schüler an Sonderschulen annähernd gleich geblieben. Dementsprechend stagniert die Exklusionsquote.

Was sind das für Schüler, die nach wie vor an Sonderschulen unterrichtet werden?

Gut die Hälfte aller rund 4400 weiterhin nicht inkludierten Schülerinnen und Schüler hat einen speziellen Förderbedarf in den Bereichen geistige Entwicklung, körperlich-motorische Entwicklung, Hören, Sehen oder Autismus.

Diese Schüler werden in Hamburg an sogenannten speziellen Sonderschulen unterrichtet.

Betrachtet man die Entwicklung der Schülerzahlen an den speziellen Sonderschulen in den letzten 10 Jahren, zeigt sich ein frustrierendes Bild:

Die Graphik zeigt die Entwicklung der Zahl der Schülerinnen und Schüler mit speziellen Förderbedarfen in Hamburg zwischen 2012 und 2022, unterteilt nach Regelschulen und Sonderschulen. Es wird deutlich: Die Zahl der Schüler mit speziellen Förderbedarfen an Sonderschulen konnte nicht reduziert werden. Vielmehr erhöhte sie sich zwischen 2012 und 2022 um rund 200.
(Quelle: Das Schuljahr 2021/22 in Zahlen. Das Hamburger Schulwesen. Hrsg. vom Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung, Hamburg 2022.)
Quelle: Das Schuljahr 2021/22 in Zahlen. Das Hamburger Schulwesen. Hrsg. vom Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung, Hamburg 2022.

Seit Einführung der schulischen Inklusion vor 10 Jahren ist es in Hamburg nicht gelungen, die Zahl der an speziellen Sonderschulen unterrichteten Schüler zu verringern.

Die meisten Schüler mit speziellen Förderbedarfen nehmen an inklusiver Bildung weiterhin nicht teil.

Woran liegt das?

Zwar hat seit Einführung der Inklusion jedes Kind mit Behinderung das Recht, eine Regelschule zu besuchen. Allerdings muss es keine Regelschule besuchen.

Hamburg hielt 2012 am sogenannten Elternwahlrecht fest. Das bedeutet: Eltern und Sorgeberechtigte sollen wählen können, ob ihr Kind mit Behinderung eine Regelschule oder eine Sonderschule besucht.

Um dieses Elternwahlrecht sicherzustellen, blieben die speziellen Sonderschulen trotz Einführung der schulischen Inklusion unverändert erhalten.

Die Begutachtung spezieller Förderbedarfe findet nach wie vor an den speziellen Sonderschulen statt.

Außerdem bieten die speziellen Sonderschulen mit Fahrdiensten und gesicherter Ganztagsbetreuung ein jahrelang erprobtes „Rundum-sorglos-Paket“ an.

Dagegen ist die inklusive Beschulung eines Kindes mit Behinderung an einer Regelschule nach wie vor ein Abenteuer mit vielen Hindernissen. Ein Abenteuer, das enorme Kraft, starke Nerven, Durchhaltevermögen und Eigeninitiative von Eltern fordert. Und das mit einem zunehmenden Fachkräftemangel immer schwerer zu bewältigen wird.

Auf der linken Seite des Bildes sieht man eine Gruppe roter Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Figuren eng nebeneinander stehend. Auf der rechten Bildseite steht eine einzelne schwarze Spielfigur, mit deutlichem Abstand zu den andern.

Die zweite Hälfte der noch nicht inkludierten Schüler hat einen sonderpädagogischen Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache oder emotional-soziale Entwicklung.

Bis 2012 wurden Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache oder emotional-soziale Entwicklung in Hamburg überwiegend an Förderschulen (ehemalige Lernbehinderten-Schulen) unterrichtet.

2012 wurden diese Förderschulen zusammen mit Sprachheilschulen und regionalen Beratungs- und Unterstützungsstellen (REBUS) zu Regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ) zusammengefasst. Dieser Schritt fand bundesweit viel Beachtung und wurde als „Abschaffung der Förderschulen“ gelobt.

Die Graphik zeigt die Entwicklung der Zahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarfen (Lernen, Sprache, emotional-soziale Entwicklung) in Hamburg zwischen 2012 und 2022, unterteilt nach Regelschulen und Sonderschulen. Es wird deutlich: Die Zahl der Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarfen an Sonderschulen konnte zwischen 2012 und 2017 um über 1000 reduziert werden. Seit 2018 stagniert die Zahl der Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarfen an Sonderschulen. Mit rund 2200 ist sie annähernd so hoch wie die Zahl der Schüler mit speziellen Förderbedarfen an Sonderschulen. 
(Quelle: Das Schuljahr 2021/22 in Zahlen. Das Hamburger Schulwesen. Hrsg. vom Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung, Hamburg 2022.)
Quelle: Das Schuljahr 2021/22 in Zahlen. Das Hamburger Schulwesen. Hrsg. vom Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung, Hamburg 2022.

Allerdings: Durch das Festhalten am Elternwahlrecht behielten auch Eltern von Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarfen einen Anspruch auf einen Schulplatz im Sondersystem. Daher blieb es eine zentrale Aufgabe der Regionalen Bildungs- und Beratungszentren, Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarfen auf Dauer zu unterrichten.

Die Folge: Unter dem Deckmantel der Regionalen Bildungs- und Beratungszentren blieben offiziell abgeschaffte Förderschulen weiter erhalten. Seit einigen Jahren werden sie als ReBBZ-Schulen ganz offen wieder unter Sonderschulen gelistet.

An einer schwarzen Magnettafel hängen viele verschiedene bunte Buchstaben. Links sieht man geordnet die Buchstaben a,b,c. Rechts sieht man viele verschiedene Buchstaben wild durcheinander.

Die UN-Behindertenrechtskonvention sagt:

  • Alle Schüler sollen zusammen lernen und aufwachsen – unabhängig davon, ob sie eine Behinderung haben oder nicht.
  • Das funktioniert nur in einem inklusiven Bildungssystem für alle. Dieses muss kontinuierlich ausgebaut werden.
  • Im Gegenzug müssen Förder- und Sonderschulen nach und nach abgebaut werden.

Gemessen an den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention zeigt sich die inklusive Bildung in Hamburg im Jahr 2022 alles andere als vorbildlich:

Nach wie vor gibt es ein gut ausgebautes schulisches Sondersystem in der Stadt.

Dort werden seit Jahren kontinuierlich weit über 4.000 Kinder und Jugendliche exklusiv beschult. Mit steigender Tendenz.

Perspektiven, dass sich daran etwas ändert, sind nicht in Sicht.

Das Bild zeigt die Füße eines Menschen in roten Turnschuhen .

Ja, es stimmt. Hamburg hat 2009 das Recht auf inklusive Bildung in seinem Schulgesetz verankert. Das war ein mutiger und wichtiger Schritt!

Doch dann ist Hamburg nicht weitergegangen.

Vielmehr hat sich die Stadt über das Elternwahlrecht die Hintertür zum alten Sondersystem weit offen gehalten.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte findet in seinem aktuellen Jahresbericht deutliche Worte, was das Elternwahlrecht angeht:

  • Das Elternwahlrecht steht im Widerspruch zum Auftrag der UN-Behindertenrechtskonvention.
  • Aufgabe eines Staates ist es, ein inklusives Bildungssystem aufzubauen, das den Bedarfen aller Schüler gerecht wird. Unabhängig davon, ob ein Schüler eine Beeinträchtigung hat oder nicht.
  • Eltern sollen erst gar nicht vor der Wahl stehen müssen, ob sie ihr Kind mit Behinderung an einer Regelschule oder besser an einer Sonderschule beschulen lassen sollen.
  • Der Verantwortung, ein inklusives Bildungssystem aufzubauen, kann sich Deutschland nicht über „das Konstrukt des Elternwillens“ entledigen.

Schulische Förderung in Hamburg

Das Bild zeigt den Eingang einer Schule in Hamburg: Treppenstufen führen zu drei großen grünen Türen mit weißen Verzierungen.

In Hamburgs Schulen gibt es viele Arten von Förderung.

Sprachförderung, Lernförderung, sonderpädagogische Förderung, Begabtenförderung … Da verliert man leicht den Überblick.

Damit das nicht so schnell passiert, stelle ich Ihnen die 6 wichtigsten Fördermaßnahmen kurz vor.

Fördermaßnahme 1: Fördern statt Wiederholen

Schüler in Hamburg können nicht mehr sitzenbleiben.

Das heißt: Schlechte Schüler, die das Lernziel in (mindestens) einem Unterrichtsfach nicht erreichen, müssen kein Schuljahr mehr wiederholen.

Stattdessen erhalten sie eine kostenlose Lernförderung (§ 45 Hamburgisches Schulgesetz).

Die Lernförderung wird von jeder Schule in Eigenregie organisiert. Die meisten Schulen beauftragen externe Anbieter (Nachhilfeinstitute) oder Einzelpersonen (Studenten) für Nachhilfestunden nach Schulschluss. Die Kosten dafür trägt die Schulbehörde.

Die Zeugniskonferenz entscheidet darüber, welcher Schüler eine kostenlose Lernförderung erhält.

Das Bild zeigt ein großes, mit Fachbüchern gefüllltes Bücherregal in einer Bibliothek.

Fördermaßnahme 2: Kermit und Co.

Schüler in Hamburg werden regelmäßig getestet. So wird ermittelt, wie gut oder schlecht sie in einzelnen Fächern sind.

Die Testergebnisse helfen den Lehrern, ihren Unterricht noch besser auf den Lernstand ihrer Schüler auszurichten. Die Lernentwicklung von Schülern wird sichtbar gemacht.

Zwei bekannte Tests sind die Hamburger Schreibprobe (HSP) und der KERMIT-Test.

Mit der Hamburger Schreibprobe wird jährlich die Rechtschreibleistung aller Schüler geprüft.

Unter dem Motto „Kompetenzen ermitteln“ (KERMIT) schreiben Hamburger Schüler in Klasse 2, 3, 5, 7, 8 und 9 jeweils im Frühjahr Tests in allen Kernfächern.

Das Bild zeigt eine eingeklappte Schultafel aus Kreide. Auf der linken Tafelhälfte steht groß "Test".

Fördermaßnahme 3: Sonderpädagogische Förderung

Seit Oktober 2009 haben Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf das Recht, allgemeine Schulen zu besuchen ( § 12 Hamburgisches Schulgesetz). Dort werden sie gemeinsam mit Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf unterrichtet und besonders gefördert.

Was bedeutet sonderpädagogischer Förderbedarf?

Sonderpädagogischer Förderbedarf liegt vor, wenn Schüler in ihren individuellen Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten so weitreichend beeinträchtigt sind, dass sie ohne gezielte sonderpädagogische Förderung und Unterstützung ihre Möglichkeiten nicht erfolgreich entfalten können.

Sonderpädagogischen Förderbedarf gibt es in folgenden Bereichen:

  • Lernen,
  • Sprache,
  • Emotionale und soziale Entwicklung,
  • Körperliche und motorische Entwicklung,
  • Geistige Entwicklung,
  • Hören (Gehörlosigkeit und Schwerhörigkeit),
  • Sehen (Blindheit und Sehbehinderung),
  • Autismus
  • und in besonderen Ausnahmefällen im Förderschwerpunkt Pädagogik bei Krankheit.
Auf einer Kreidetafel sind mit bunter Kreide 9 Männchen gemalt, die sich an den Händen fassen. Darüber steht in weißer Kreide "Together".

Um zu prüfen, ob ein sonderpädagogischer Förderbedarf vorliegt, stellen die Eltern oder die Schule einen Antrag.

Zwei unterschiedliche Verfahren klären, ob ein sonderpädagogischer Förderbedarf vorliegt:

  • Wird ein Förderschwerpunkt in den Bereichen Lernen, Sprache oder emotionale und soziale Entwicklung (LSE) vermutet, sind die Schule und das Regionale Bildungs- und Beratungszentrum für die Prüfung und Diagnostik zuständig.
  • Wird ein Förderschwerpunkt in den Bereichen Hören und Kommunikation, Sehen, Autismus, geistige Entwicklung oder körperliche und motorische Entwicklung (Spezielle Förderbedarfe!) vermutet, wird ein Gutachten zur Überprüfung und Feststellung ein sonderpädagogischen Förderbedarfs (gem. § 12 Abs. 3 AO-SF) erstellt. Das zuständige Regionale Bildungs- und Beratungszentrum koordiniert die Erstellung dieses Gutachtens. Dazu befragt es Lehrer, Eltern und gegebenenfalls Fachkräfte der speziellen Sonderschulen oder der überregionalen Bildungszentren für Hören und Kommunikation, für Blinde und Sehbehinderte oder für Pädagogik bei Krankheit/Autismus.

Umfang und Organisation der Förderung hängen davon ab, ob ein sonderpädagogischer Förderbedarf LSE oder ein spezieller Förderbedarf festgestellt wurde.

Weitere Informationen zur sonderpädagogischen Förderung finden Sie hier.

Das Bild zeigt verschiedene Unterrichtsmaterialien aus dem Bereich Deutsch als Fremdsprache.

Fördermaßnahme 4: Sprachförderung

Es gibt Schülerinnen und Schüler, deren Deutschkenntnisse nicht ausreichen, um erfolgreich am Unterricht teilnehmen zu können.

Diese Schüler müssen in Hamburg an einem zusätzlichem Sprachunterricht teilnehmen (§ 28a Hamburgisches Schulgesetz).

Der zusätzliche Sprachunterricht findet in der Regel entweder parallel zu offenen Lernangeboten im Ganztag oder als Teil eines Förderbandes statt.

Neu zugewanderte Kinder und Jugendliche besuchen zunächst für ein Jahr eine Internationale Vorbereitungsklasse (IVK). Anschließend wechseln sie in eine reguläre Klasse, in der sie ein Jahr lang weiter gefördert werden.

Eine Besonderheit in Hamburg ist die vorschulische Sprachförderung. Bei der sogenannten Viereinhalbjährigen-Untersuchung werden alle Kinder im Alter von 4 1/2 Jahren in der für sie zuständigen Grundschule genau geprüft. Wird ein Sprachförderbedarf festgestellt, wird das betroffene Kind mit 5 Jahren automatisch in die Vorschule aufgenommen und erhält hier eine zusätzliche Sprachförderung.

Bei dem Bild handelt es sich um eine Graphik, die den Anteil der Schülerinnen und Schüler mit und ohne Migrationshintergrund in Hamburg im Schuljahr 2020/21 zeigt. In den Vorschulklassen haben 60,3 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund. In den Grundschulen sind es 50,9 Prozent, in den Stadtteilschulen 58,7 Prozent, in den Gymnasien 42,0 Prozent und in den Sonderschulen 50,5 Prozent. Insgesamt haben 51,4 Prozent aller Schülerinnen und Schüler in Hamburg einen Migrationshintergrund. 
Die Graphik stammt aus der Hamburger Schuljahresstatistik 2020.
Anteile der Schülerinnen und Schüler mit und ohne Migrationshintergrund im
Schuljahr 2020/21

(Quelle: Hamburger Schuljahresstatistik 2020)

Fördermaßnahme 5: Begabtenförderung

Das Hamburgische Schulgesetz sieht vor, dass Schülerinnen und Schüler „in ihren
individuellen Fähigkeiten und Begabungen, Interessen und Neigungen gestärkt und bis
zur vollen Entfaltung ihrer Leistungsfähigkeit gefördert und gefordert werden“ sollen (§ 3 Hamburgisches Schulgesetz).

Daher werden auch besonders begabte und hochbegabte Schülerinnen und Schüler speziell gefördert.

Ein Aktionsprogramm zur Begabtenförderung fordert jede Schule auf, ein
schulspezifisches Konzept zur Begabtenförderung zu entwickeln.

Die Beratungsstelle besondere Begabungen (BbB) berät und unterstützt Schulen, Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler bei Fragen der Förderung von besonders begabten und hochbegabten Kindern und Jugendlichen.

Fördermaßnahme 6: Außerunterrichtliche Lernhilfen

Schon einmal etwas von AUL gehört?

AUL steht für Außerunterrichtliche Lernhilfen.

Außerunterrichtliche Lernhilfen erhalten Kinder mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und/oder Rechtschreiben (Lese-Rechtschreibschwäche) oder im Rechnen (Rechenschwäche/Dyskalkulie).

Die Förderung findet in Form einer Lerntherapie statt.

Ein von der Schulbehörde anerkannter Lerntherapeut führt die Lerntherapie durch.

Die Lerntherapie kann innerhalb wie außerhalb der Schule stattfinden, in kleinen Gruppen oder als Einzelförderung.

An einer schwarzen Magnettafel hängen viele verschiedene bunte Buchstaben. Links sieht man geordnet die Buchstaben a,b,c. Rechts sieht man viele verschiedene Buchstaben wild durcheinander.

Ein Kind hat Anspruch auf eine außerunterrichtliche Lernhilfe, wenn es

  • die erste bis sechste Klasse besucht,
  • seinen Hauptwohnsitz in Hamburg hat,
  • Deutsch als Muttersprache spricht,
  • keinen sonderpädagogischen Förderbedarf hat,
  • nicht von einer seelischen Behinderung bedroht oder betroffen ist,
  • die Anforderungen seines Jahrgangs insgesamt erfüllt,
  • im Lesen und/oder Rechtschreiben allerdings für längere Zeit (mehr als sechs Monate) zu den Leistungsschwächsten in seinem Jahrgang zählt (nachweisbar über entsprechende schulische Testungen wie Hamburger Schreibprobe und Kermit).

Um eine außerunterrichtliche Lernhilfe zu erhalten, müssen Eltern einen Antrag stellen.

Die Schule ergänzt den Antrag und leitet ihn an das zuständige Regionale Bildungs- und Beratungszentrum weiter. Dieses nimmt, falls nötig, weitere Testungen vor.

Anschließend übersendet das Regionale Bildungs- und Beratungszentrum den Antrag an die Behörde für Schule und Berufsbildung zur Entscheidung.

Allerdings: Die Behörde für Schule und Berufsbildung ist nicht verpflichtet, außerschulische Fördermaßnahmen zu finanzieren.

Eine Kostenübernahme erfolgt nur im jeweils geprüften Einzelfall und regelhaft ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.

Daher ist es gut, wenn Eltern bereits im Vorfeld mit den Lehrern ihres Kindes über den Antrag sprechen. Wenn alle informiert sind und sich gegenseitig unterstützen, hat ein Antrag bessere Chancen auf Erfolg.

Weitere Informationen zu außerunterrichtlichen Lernhilfen finden Sie hier .

Das Bild zeigt einen Fuß in roten Turnschuhen, der auf einem im Wasser liegenden Stein steht.

Das Thema Schulbegleitung – Frust und Wut von Eltern nehmen zu

Neulich in der Pflegeelterngruppe:

Eine Mutter erzählt von der fehlenden Schulbegleitung für ihr Kind.

Sofort wird es lauter in der Gruppe:

„Das Problem haben wir auch!“

„Wenn die Schulbegleitung nicht da ist, schickt die Schule unser Kind sofort nach Hause! Das geht doch nicht!“

„Wenn es eine Schulbegleitung gibt, dann ist das meist nur ein junger Mensch im freiwilligen sozialen Jahr. Also völlig unqualifiziert für unsere Kinder!“

„Warum wird nicht mit professionellen Kräften gearbeitet?“

„Die letzte junge Frau im freiwilligen sozialen Jahr hat genau acht Wochen durchgehalten und dann frustriert und überfordert das Handtuch geworfen!“

Jungen und Mädchen im Grundschulalter sitzen an einem langen Holztisch und malen. Auf dem Tisch stehen drei Becher mit Buntstiften.

Beim Thema Schulbegleitung sind die Fronten inzwischen deutlich verhärtet:

Eltern, die verärgert sind, weil ihre Kinder nur dann beschult werden, wenn eine Schulbegleitung anwesend ist.

Eltern, die fachlich kompetente Schulbegleitungen für ihre Kinder fordern. In der Hoffnung, dass ihre Kinder so erfolgreich an Bildung teilhaben können.

Berater in der Schulbehörde, die betonen, dass Schulbegleitungen nicht auf Dauer angelegt sind. Die deshalb regelmäßig Schulbegleitungsstunden kürzen. Und die gerne anbringen: Das sind keine Aufgaben von Schulbegleitung.

Schulen, die stöhnen, sie fänden keine Schulbegleiter. Oder von Anfang an sagen: Schulbegleitung zu beantragen ist uns zu zeitaufwendig und bringt zu wenig.

Schulbegleiter, die sich zu wenig informiert und nicht einbezogen fühlen. Denen konkrete Aufgabenbeschreibungen fehlen. Die nur befristete Arbeitsverträge erhalten und in den Ferien nicht bezahlt werden. Die oft frustriert wieder aufgeben.

Hinzu kommt das Wissen, dass es in Zukunft immer weniger qualifizierte Fachkräfte für Schulbegleitungen geben wird.

Es wird dringend Zeit, Schulbegleitung neu aufzustellen!

Hamburg-Flagge an einem Fahnenmast. Im Hintergrund erkennt man Wasser.

In Hamburg hat die Behörde für Schule und Berufsbildung gerade eine Evaluation des jetzigen Verfahrens von Schulbegleitung in Auftrag gegeben. Unter dem Titel „Schulbegleitung in Hamburg“ wollen Erziehungswissenschaftler der Universität Oldenburg herausfinden:

1. Welche Schülerinnen und Schüler erhalten eine Schulbegleitung ? Wer sind ihre Schulbegleiter?

2. Welche Erwartungen gibt es an Schulbegleitung? Wie wird Schulbegleitung wahrgenommen?

3. Was läuft gut beim jetzigen Verfahren der Schulbegleitungen? Was läuft weniger gut? Wie lässt sich Schulbegleitung insgesamt für alle verbessern?

Eine Untersuchungsmethode wird sein, verschiedene Gruppen von Personen zu befragen, die mit Schulbegleitung zu tun haben. Das sind:

  • in den Schulen: Schulleitungen, Förderkoordinatoren, Klassenlehrer und Sonderpädagogen.
  • in den Regionalen Bildungs- und Beratungszentren sowie der Fachabteilung Schulbegleitung: Koordinatoren, Fallzuständige, Gesamtleitungen, Beratungslehrkräfte.
  • die Leistungserbringer von Schulbegleitung: Träger und Schulbegleitungskräfte.
  • die Sorgeberechtigten von Schülerinnen und Schülern.
Auf dem Bild sieht man die Rückseite eines Kindes mit langen Haaren und  rotem Helm. Das Kind hängt mit einem Klettergurt an einem Seil an einer Felswand.

Als Mutter eines Kindes mit Behinderung fällt mir sofort auf:

In der Liste der zu befragenden Menschen fehlen die Schülerinnen und Schüler, die Schulbegleitung erhalten. Kein „Mit uns über uns“. Sondern weiterhin „Über die Köpfe von behinderten Schülerinnen und Schülern hinweg“.

Dabei ist unser Kind inzwischen Experte in Sachen Schulbegleitung. Immerhin hatte es acht Jahre lang eine Schulbegleitung an seiner Seite!

Unser Kind kann ganz genau benennen, was ihm bei einer Schulbegleitung wichtig ist.

Und das ist in erster Linie nicht die Qualifikation der Schulbegleitung.

Viel wichtiger für unser Kind ist: Es muss spüren, dass sich die Schulbegleitung einlässt und zu einer Bindung bereit ist. Dass sie unser Kind ein Stück an ihrem Leben teilhaben lässt. Das muss gar nicht viel sein. Es kann bereits reichen:

  • das Auto der Schulbegleitung zu kennen,
  • zu wissen, ob die Schulbegleitung einen Freund oder eine Freundin hat,
  • zu erfahren, welche Musik die Schulbegleitung mag oder welches Hobby sie hat.

Das mag sich banal anhören, ist aber für ein Kind mit Bindungsstörung enorm wichtig. Nur so kann es sich sicher fühlen und seinerseits Bindung wagen.

Bildungsforscher wissen inzwischen: Erst wenn Bindung und Vertrauen da sind, ist erfolgreiches Lernen überhaupt möglich.

Das Bild zeigt zwei rechteckige gelbe Luftballons. Auf dem oberen Teil der Ballons steht in schwarz Schrift "Schule", darunter "Kindergarten". "Kindergarten" ist rot durchgestrichen.

Auch ich als Mutter kann inzwischen so einiges zum Thema Schulbegleitung sagen.

Eine meiner Erfahrungen ist:

Schulbegleitung durch junge Menschen im freiwilligen sozialen Jahr kann durchaus funktionieren. Wenn Vorbereitung und Rahmenbedingungen stimmen.

Unser Kind wurde in den ersten drei Grundschuljahren sehr erfolgreich durch engagierte junge Menschen im freiwilligen sozialen Jahr unterstützt.

Angestellt waren sie bei einem erfahrenen Träger, der genau darauf achtete, wer am besten zu welchem Kind passte. Anschließend bereitete der Träger die jungen Menschen zwei Wochen lang auf ihre Tätigkeit als Schulbegleiter vor. Während ihres Einsatzes als Schulbegleiter gab es regelmäßige Schulungswochen.

Außerdem hat die Klassenlehrerin unseres Kindes sehr eng mit der Schulbegleitung zusammen gearbeitet. Auch wir als Eltern waren mit an Bord und standen in regelmäßigem Austausch mit Klassenlehrerin und Schulbegleitung.

Und: Obwohl die Finanzierung noch nicht gesichert war, trat die Schulbegleitung mit der Einschulungsfeier ihren Dienst an. Möglich gemacht hat es der Träger, der von Anfang an von der Sinnhaftigkeit der Schulbegleitung überzeugt war. Sechs Wochen lang schoss er das Geld für die Schulbegleitung vor. Erst dann erhielten wir die Bewilligung durch die Schulbehörde.

So wurde der Schulstart für unser Kind zum Erfolg – und die Schulbegleitung zu einer Selbstverständlichkeit für alle in der Klasse.

Wer in Hamburg schon einmal mit Schulbegleitung zu tun hatte, der weiß: Dies alles ist bis heute bei Schulbegleitung nicht selbstverständlich.

Auf dem Bild sieht man Unterschenkel und Füße von zwei Menschen, die auf hochgestapelten Stühlen sitzen. Die eine Person trägt eine schwarze, die andere eine blaue Jeans. Beide haben rote Turnschuhe an.

Für eine erfolgreiche Evaluation von Schulbegleitung müssen alle an Schulbegleitung Beteiligten gleichberechtigt gehört werden. Dies schließt sowohl die begleiteten Schülerinnen und Schüler wie auch deren Eltern und Sorgeberechtigten mit ein.

Das Ergebnis einer solchen Evaluation liefert die Grundlage, auf der eine Neuaufstellung von Schulbegleitung konstruktiv diskutiert werden kann.

Auch für diese Diskussion gilt: Es müssen alle an Schulbegleitung Beteiligten gleichberechtigt mit einbezogen werden. So funktioniert Teilhabe.